Nebel
In seinem zwölfminütigen Film bettet Müller den elegischen Zyklus Gedichte an die Kindheit von Ernst Jandl in ein ätherisches Kaleidoskop aus Bildern, die - wie von den Worten des Dichters sanft aus einem Schlummer geholt - vergangene Empfindungen vergegenwärtigen. Diese Bilder dienen Müller weder zur Illustration noch zur Interpretation des Gesprochenen, sondern deuten behutsam ein Dazwischen oder Dahinter an. (...)
(Robert Buchschwenter)
Ernst Jandls "gedichte an die kindheit" sind in einer Sprache verfaßt, die der Autor „verkindlicht“ nennt; sie enthält Stilbrüche, Fehlerhaftes und Banales, auch Anklänge an Kinderreime und -gebete. Es geht hier nicht um eine Parodie der reduzierten sprachlichen Ausdrucksmittel des Kindes, sondern um die Evokation kindlicher Erlebnisweisen aus der Position des alternden Mannes heraus - um eine Bewahrung der Kindheit. nebel versucht, die heterogene Struktur dieser Gedichte, ihre Ambivalenzen, ihre Melancholie wie auch ihren skurrilen Humor in Bilder zu übersetzen.
(Synopsis)
Müller geht mit Jandls Worten um, wie er mit «historisch bedeutenden», «großen» Spielfilmbildern umgeht. Er behandelt sie wie einen Ball, der ihm zugespielt wird, mit dem er sein Spiel spielt, um ihn dann weiterzupassen an das Kinopublikum. Er montiert Hollywood-Bilder, Bilder des Weimarer Kinos und Amateurfilme aus seiner eigenen Kindheit, nebel zeigt nicht, was Jandl sagt, sondern was Jandls Worte in Müller auslösen. Keine ergebene Verfilmung, sondern wirkliche Zusammenarbeit zwischen Filmemacher und Schreiber.
(Michael Girke)
Nebel
2000
Österreich, Deutschland, Luxembourg
12 min