Vanishing Points
Am Anfang war die schwarze Ellipse. Diese, von Nana Swiczinsky auch als geometrische Urzelle bezeichnete Form stellte das Ausgangsmaterial ihres Films Points of View (1999) dar. Abenteuerliche Verzerrungen und Krümmungen ließen darin ein Maximum an Formeffekten zu Tage treten. Black and white only, lautete damals die selbst gewählte Beschränkung.
Vanishing Points nimmt sich dieses Ur-Materials an und taucht es in ein üppiges Farbuniversum so als ließe sich jeder Gesichtspunkt durch die passende psychedelische Brille noch entscheidend erweitern.
Der Nüchternheit des Grundelements ist dabei das ausgiebige Schwelgen in Farbe, Rhythmus und Form entgegengesetzt. Ganz ohne Kamera hat Swiczinsky einzelne Sequenzen des Vorgängerfilms einer radikalen Neubearbeitung, vorzugsweise durch wiederholtes Kopieren, Maskieren und Einfärben, unterzogen. Unterschiedlichste Distanzen und Blickwinkel bestimmen die Annäherung an die Urform. So findet sich die Ellipse einmal großflächig, dann in der Mitte geteilt, einmal als ganze Rasterfläche, dann wieder in diversen Detailaufnahmen kadriert, und das alles in zarten, kleinteiligen Bewegungsschritten. Der Soundtrack, auf der Basis von Kopiergeräuschen erstellt, gibt dazu dezente Rhythmuswechsel vor. Die Kolorierung schöpft aus knalligsten Primärfarbtönen, gleichzeitig resultiert aus deren Übereinanderschichtung aber Weiss. Dies unterstreicht den Effekt einer tiefenlosen Tiefe, ja einer halluzinogenen Versunkenheit in das Phänomen der additiven Farbmischung.
Mit dem Versinken in Farbe und Form korrespondieren die Titel gebenden Fluchtpunkte: als geometrische Urelemente, die im Zuge der Bearbeitung fortwährend zu schwinden drohen, aber auch als Bildanker, der fest am Ausgangsmaterial hängt. Dazwischen: Anamorphosen des verlässlich sich Entziehenden. (Christian Höller)
Vanishing Points
2005
Österreich
8 min 30 sek