Hat Wolff von Amerongen Konkursdelikte begangen?
Hatte Knittelfeld - Stadt ohne Geschichte Geschichte als Ereignisrauschen infamen Lebens protokolliert, so zeigt Friedls erster abendfüllender Film uns nun globales Kapital in seinem Rauschen und seinen Räuschen, seiner Infamie und Delinquenz. Global ist Kapital als allumfassende Beziehung zwischen Orten, Personen, Objekten, Bildern, Worten, die immer auch Nicht-Beziehung ist, "audiovisueller Riss" zwischen dem aus dem Off pedantisch Gesagten und dem im Bild ungerührt Abgeschwenkten.
BRD-Geschichte mit Thyssen und Flick, mit erfunden klingenden wirtschaftsdynastischen Namen, Tics, Tricks und Vertracktheiten, wird nicht als Fama, ruhmreiche Erfolgsstory, gerahmt, auch nicht "erklärt", sondern: Kapital bleibt infam, ohne Geschichte und himmelschreiend. Wirtschaften ist Verstrickung und das Delikt nicht prinzipiell getrennt vom Erfolg. Von dieser Ununterscheidbarkeit aus setzt Friedl auf unsere Paranoia (in jedem Bild suchen wir, was dem Gesagten entsprechen könnte) und darauf, dass ein "Schwinden" erfahrbar wird - das des Films in der Zeit wie das der Herrschaft in der Geschichte. Nichts schwindet ganz: Es spukt, Gedächtnis bildet sich. Im Erfahren des Films hält sich manches wie tiefgekühlt für spätere Verknüpfungen. Wir erfahren vom Erfolg eines Puddingimperiums mit dem Buch "Backen macht Freude" und dass "Rudolf August Oetkers Wahlspruch "Freiheit ist Arbeit" lautet". Oder war es "Kraft durch Freude" und "Arbeit macht frei"?
Mitunter wird der Riss im Audiovisuellen so eng, dass Sichtbares und Gesagtes sich einen obszönen Moment lang decken. Ansonsten streifen, verpassen oder kommentieren Schwenks und Stimme einander so, dass drei Werkbänke wie drei Büsten aussehen, das Graffito Fuck wie Flick und das Glücksspielparadies Monaco wie ein Historyland freien Unternehmertums. (Drehli Robnik)
Hat Wolff von Amerongen Konkursdelikte begangen?
2004
Deutschland, Österreich
73 min