b-star, untötbar!
"Die Sprache ist das Symbolische einer patriarchalischen Kultur." (1) Trotzdem entkommen wir dieser symbolischen Ordnung nicht (oder noch nicht). Im Gegenteil: Wir müssen uns dieser Tatsache bewusst sein, um im Erzählen einer "anderen" - "ihrer"(her-story) - Geschichte unser Zurückgeworfensein auf diese Ordnung sicht- und fühlbar zu machen. Sabine Marte dekonstruiert mit scheinbar einfachen Mitteln diese Ordnung, die sich durch die unterschiedlichsten Repräsentationssysteme zieht. Sie manipuliert die Erzählung, das Bild (einer) Frau, das Medium (Video). Sie verlangsamt, hält an, beginnt erneut, stotternd, wiederholend, lässt Leerstellen, und schert sich auf der Bildebene nicht um räumliche Darstellungskonventionen oder Blickregime.
Zu Beginn ist nur das überbelichtete Bild eines Frauentorsos zu sehen, auf der Tonebene ein Rauschen, Krachen und Stimmen zu hören. Schließlich nimmt das Bild einer Frau - der Künstlerin selbst - Gestalt an, eine Stimme hebt an, die Frau jedoch bewegt ihre Lippen nicht und blickt unverwandt in die Kamera. Diese Situation wird sich im Laufe des Videos nicht verändern, während dem räumlichen Setting (eine Couch, am Dachboden) eine permanente Manipulation widerfährt: wie von Geisterhand animiert, schiebt sich die Couch vorwärts, rückwärts durch den Raum. Die Grenzen zwischen realem und filmischem Raum werden gedehnt und lösen sich schließlich auf.
Wenn die Protagonistin durchbrechen kann zwischen diesen Räumen - eingebettet in narrative (und vor allem akustische) Referenzen an Horrorfilme, - wenn sie Innen und Außen erzählerisch und buchstäblich überwindet, so ist sie auf dem Wege, in Butlerschem Sinne, "andere Formen der Identitäts-Differenzierung zu vollziehen". (2) B-star, kann somit als transgressive Figur gesehen werden, die in unzähligen Filmen re-mixed wird, auf(er)steht, zurückkehrt. Das ökonomische Prinzip der (Wieder)Verwertbarkeit, das in diesen Filmen auf die Spitze getrieben wird, erfährt in dieser Form eine rebellische Umwertung inklusive durchmischtem Happyend.
(Claudia Slanar)
1. Parker, Rozsika/Pollock, Griselda: Dame im Bild, in: Mostegl, Sabine/Ratzinger, Gudrun, Matrix, Springer Verlag, Wien/New York 2008, S. 40.
2. Butler, Judith, Das Unbehagen der Geschlechter, Suhrkamp, Frankfurt/Main 1991, S. 197.
b-star, untötbar! lässt eine Figur sprichwörtlich durch den Film brechen. Die Erzählung bewegt sich von der fiktionalen Ebene des filmischen Raums in den realen Raum und erzeugt somit eine Schleife aus Fiktionalität und Literalität.
(Sabine Marte)
Jurybegründung: Preis Innovatives Kino | Diagonale 2010 (Preis (Auszeichnung))
Im grellen Weiß des Videobildes stechen schemenhaft zwei Augen hervor, die einen nicht mehr loslassen. Ein obsessives Blickverhältnis setzt sich fest, verhakt sich, zwischen Performerin und Kamera, zwischen fiktiver Figur und Betrachter. Die Atmosphäre eines Psychothrillers vermischt sich mit der bruchstückhaften Erzählung über eine Frau, mit der verfahren" wird: metaphorisch wie wortwörtlich in der filmischen Bewegung durch den Raum. Ihr Zusammenbruch auf der Straße der Sieger" bringt sie auf die Anklagebank, ins Verhörlicht, in das Blitzgewitter der Gerichtsfotografie, gleichzeitig ins Zentrum der Aufmerksamkeit, wie ein Star im Visier der Paparazzi. Sabine Martes Video B-star, untötbar! reloaded ist ein virtuoses Spiel mit Slam Poetry, Performance und Filmexperiment, das sich in eine morbid-heitere Moritat verwandelt, welche Erlösung verspricht: Der Galgenstrick wird zur Kinderschaukel.
Jury:
Mara Mattuschka (Filmemacherin, AT)
Marina Koul (Kuratorin / Festivalleiterin 25FPS, HR)
Florian Wüst (Künstler / Filmkurator, DE)
b-star, untötbar!
2009
Österreich
7 min 30 sek