JACKSON/MARKER 4AM

Eine nächtliche Szene in Jackson, Mississippi: Auf einer Straße tanzt eine afroamerikanische Person zu Rapmusik, die aus dem Off zu vernehmen ist. Kurz streift die Kamera eine erleuchtete Veranda, auf der eine Party in Gang zu sein scheint. Doch der Tänzer (die Tänzerin?) nimmt davon keine Notiz. Er trägt Sneakers, dunkle Hose, darüber ein rotes Kleid, das mit Pailletten besetzt ist – ein Kostüm wie im Eiskunstlauf oder in einer Drag-Version von Spider-Man. Eine Street Performance um vier Uhr morgens, bei der es auch darum geht, das Geld für den nächsten Tag zu verdienen: Der Tänzer nimmt einen Geldschein in den Mund, der Schein hängt wie eine Zunge in einem Cartoon zwischen seinen Lippen; am Ende des vierminütigen Films reicht ihm jemand aus dem Beifahrerfenster eines Wagens einen weiteren Schein, doch er ist so in seinen Tanz versunken, dass er es nicht bemerkt. Im Licht der Scheinwerfer bewegt er sich auf die andere Seite des Wagens, wo ihm der Schein ein zweites Mal gereicht wird. Ein Spannungsmoment, eine kleine Klimax in einer Szene, die als extrem reduzierter Ausschnitt aus einer komplexen gesellschaftlichen Situation auf nichts verweist als auf die Selbstvergessenheit dieses Tänzers zu seiner (inneren) Musik. Ruth Beckermann setzt dieser Szene ein Zitat von Chris Marker voran, in dem Puschkin ein Zitat einer Figur namens Elena Andreievna unterschoben wird, in der von einer Flöte in Südamerika die Rede ist, deren Klang nur der hört, der sie spielt. So sehr dies erhellend für die folgende Szene wirkt, so sehr zieht sie diese auch in die Ambivalenz. Denn das Zitat ist erfunden, und zwar so, wie auch Dokumentarfilme erfunden sind: als Bewegungen durch eine Realität, die sich immer wieder in die Fiktion entzieht.
(Bert Rebhandl)

Orig. Titel
JACKSON/MARKER 4AM
Jahr
2012
Land
Österreich
Länge
3 min 25 sek
Kategorie
Kurzfilm, Dokumentarfilm
Orig. Sprache
Kein Dialog
Downloads
Credits
Regie
Ruth Beckermann
Drehbuch
Ruth Beckermann
Kamera
Antoine Parouty
Schnitt
Dieter Pichler
Ton
Atanas Tcholakov
Produzent*in
Ruth Beckermann
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Dolby Digital
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,85
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
Farbe
Blu-ray (Distributionskopie)
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Festivals (Auswahl)
2012
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Denver - Int. Film Festival
Victoria - Antimatter Underground Film Festival
2013
Ann Arbor - Film Festival
Marfa - Marfa Film Festival
Neubrandenburg (D) & Szczecin (PL) - dokumentART Film & Video Festival
2014
Dortmund / Köln - Internationales Frauenfilmfestival
Bruxelles - Festival L´age d´or