Eden´s Edge

Ein Büro, angesiedelt in der kalifonischen Wüste. Das selbst gesetzte Ziel, nicht minder „far out“: erzählerische Landschaftsgestaltung. Die Abkürzung dafür lautet „O.N.L.S.D“, oder wie unschwer darin erkennbar ist: Auf-LSD-Sein. Dabei ist Eden´s Edge, der neunteilige Episodenfilm des Office for Narrative Landscape Design, zunächst von ausgesprochener inszenatorischer Nüchternheit geprägt. Die visuellen Settings der darin vorgetragenen Lebensgeschichten beruhen auf einem gemeinsamen, stringent durchgehaltenen Masterplan: Aus der Vogelperspektive sehen wir minimalistische Schauplätze, auf grauem Wüstensand penibel arrangiert, meist mit nur wenigen „Props“ versehen. Darin bewegen sich, gerade einmal Insekten-groß und verloren wirkend in ihrem Einzeldasein, Einsiedler, Mavericks und Freaks im besten Sinne. Sie alle haben sich in die Wüste zurückgezogen, um am Rand einer (unerträglich gewordenen) Gesellschaft ihr Leben neu zu entwerfen. Der Schizo-Schamane, der einen Totemkreis aus Steinen ausgelegt hat; die stadtflüchtige Künstlerin, die einen Aufbewahrungsort für die Traumata der Kriegsheimkehrer geschaffen hat; der von Paranoia gezeichnete Drogenfreund, der ganz im Stil der klassischen Land Art eine riesige Spirale in den Sandboden schreibt. Während sie sich allesamt behäbig durch die sonnenbestrahlte Kulisse schleppen, hört man sie mit eindringlicher Stimme ihr Schicksal erzählen – in Summe ein dicht geflochtenes Patchwork unkonventioneller Existenzweisen. In der letzten Episode berichtet ein französischer Anthropologe, wie ihn seine österreichischen Freunde dazu angeregt hätten, hier, an einem „lost airport“, das O.N.L.S.D mit ihnen zu errichten. Die so entstandene „storyscape test site“ enthält Bauteile der übrigen Geschichten, der Frontier-Traum beginnt – in verschlungener Selbstreferenz – sich selbst zu träumen. Selten sind die Grenzen des Paradiesischen so konzise ausgelotet, selten die Rückzugsräume, die den Nonkonformisten bleiben, so punktgenau umrissen worden. (Christian Höller) In Eden´s Edge von Gerhard Treml und Leo Calice schwebt man über der Mojave-Wüste, westlich von Los Angeles. Die Perspektive ist unorthodox, wie aus einem Kran herunter blickt man auf karge Settings, die wie Karten im Sand wirken. Autos haben Matchbox-Größe, Stühle werfen bizarre Schatten, ein rot-weiß-roter Kreis entpuppt sich erst nach langem Hinsehen als Ringelspiel. Auch die Menschen, Zivilisationsflüchtige allesamt, die sich in der Wüste eine neue Identität geschaffen haben, sind nie gleich auszumachen. Wie Schnecken ziehen sie Schleifen, hinterlassen ihre Spuren wie eine Land- Art-Skulptur. Dass hier alles ein wenig irreal wirkt, trotz der dokumentarischen Recherche, hat Prinzip: Treml/Calice haben die Settings nämlich in Österreich als Modelle nachgebaut und die Figuren digital eingefügt. (Isabella Reicher & Dominik Kamalzadeh, In: DER STANDARD, 20. März 2015) -> siehe auch Kurz-Version: Eden´s Edge (Three Shorts from the Californian Desert)

Weitere Texte

AWARD FOR THE BEST FEATURE FILM / Poznan, Animator 2015 (Preis (Auszeichnung))

AWARD FOR THE BEST FEATURE FILM
We award “Best Feature Film” to Eden´s Edge by Gerhard Treml and Leo Calice. Eden´s Edge embodies the spirit of the Animator Festival in its furthering the form of animation. Treml and Calice have created a richly generative work through minimal means. The nine vignettes of Eden´s Edge, with their spare compositions presented from a distant visual perspective coupled with distinct first-person monologues in accompanying sonic environment, evoke contemporary modes of observation and accumulate into a deeply expansive cultural portrait.
EDEN´S EDGE, Gerhard Treml, Leo Calice, Austria, USA, 61 min
Orig. Titel
Eden´s Edge
Jahr
2014
Länder
Österreich, USA
Länge
61 min
Kategorie
Essay, Dokumentarfilm, Animation
Orig. Sprache
Englisch
Credits
Regie
O.N.L.S.D, Leo Calice, Gerhard Treml
Konzept & Realisation
O.N.L.S.D
Produktion
Gerhard Treml
Mit Unterstützung von
The Austrian Science Fund, FWF AR574, The University of Applied Arts, Vienna
Verfügbare Formate
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Digital File (prores, h264)
Festivals (Auswahl)
2015
Boucheon - BIAF Animation Film Festival (Spezialpreis der Jury für Langfilme)
Annecy - Festival Int. du Cinema d'Animation
Izola International Film Festival Otok Cinema
Poznan - Animator, Int. Animation Film Festival (AWARD FOR THE BEST FEATURE FILM)
Zagreb - 25fps Film & Video Festival (Kritikerpreis + Publikumspreis)
Rotterdam Architecture Film Festival
München - UnderDox, Festival für Dokument und Experiment
Marseille - RISC Rencontres Int. Sciences et Film
Budapest - Anilogue Animation Film Festival
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
2016
Barranquilla - FICBAQ
Tokyo - Georama Animation Fim Festival
Copenhagen - VOID Int Animation Festival
2018
Nicosia - Images and Views of Alternative Cinema