Text II

Text II simuliert Bewegung von jeweils paarweise gruppierten Buchstaben (a, e, i, o, u, b, d, j, n, r, s, z) wie das Umblättern der Ziffern auf einem analogen Radiowecker oder das nach einem bestimmten System funktionierende Suchen von Neueinstellungen auf analogen Anzeigetafeln. An diese erinnert vor allem das nicht kontinuierliche Durchblättern von Einstellungen, die im Einzelnen nur partiell entziffert/gelesen werden können. Fünfzig verschiedene Einheiten werden solange durchgespielt, bis insgesamt 681 Einstellungen durchlaufen sind. Die einzelnen Paare kommen unterschiedlich häufig vor. Buchstabenwechsel treten entweder paarweise oder einzeln auf. Die Reihenfolge ihrer Einblendung nach sind dies die folgenden Buchstabenkombinationen: an, do, er, is, ju, ou, su, zu, aa, db, en, io, jo, oo, so, zr, ar, dr, jr, sb, zn, oa, ob, sn, zo, ds, du, eb, eo, as, in, jn, ia, sa, za, ss, eu, ib, jb, au, ku, dn, on, ab, js, zs or, zb, es, sr. Sobald der Rezipient die Buchstabenkombinationen, mithin die vermeintlich erkennbaren Worte, als potenziell multilingual codierte zu erkennen meint, ist ein Prozess in Gang gesetzt, der die Menge an möglichen Bedeutungszuschreibungen zusätzlich erhöht. Erkennt der Rezipient in einer Buchstabenkombination ein Wort, beeinflusst dessen semantischer Gehalt nachfolgende Buchstabenkombinationen und semantisiert diese ebenfalls. Dementsprechend ergeben die aufeinander folgenden Buchstabenpaare "su"-"zu" ("su" homofon zu engl. zoo; "zu", geschlossen) einen assoziativen Konnex, der sich als "(der) Zoo (ist) geschlossen" formulieren lässt. Derlei pontierte Semantisierungen sind zwar möglich, doch das Gros der Buchstabenkombinationen lässt solche nicht zu, die parallel oder kontrapunktisch präsentierten a-semantischen Lautkombinationen der Tonspur wirken dieser Möglichkeiten zusätzlich hemmend entgegen. "Die Abfilmung weniger Buchstaben, die riesig vergrößert wirken, erzeugte eine sehr filmische, eindrucksvolle Formveränderung. Der Wiederspruch zwischen dem Bedeutungsinhalt der einzelnen Buchstaben und den nicht genau eruierbaren Bedeutungen der scheinbaren Worte, die bei der Projektion sichtbar werden, erscheint unauflösbar und damit sehr wirkungsvoll". Marc Adrian kann die Arbitrarität sprachlicher Codes visualisieren und den Rezipienten auf dessen eigene sprachliche und auf Sinn ausgerichtete Prädeterminiertheit aufmerksam machen. (Text: Michael Lentz, SCHRIFTFILME - Schrift als Bild in Bewegung, Hatje Cantz Verlag, herausgegeben von Bernd Scheffer, Christine Stenzer, Peter Weibel, Soenke Zehle)

Orig. Titel
Text II
Jahr
1964
Land
Österreich
Länge
3 min
Regie
Marc Adrian
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
keine Angaben
Downloads
TextIII (Bild)
TextIII (Bild)
TextIII (Bild)
Credits
Regie
Marc Adrian
Konzept & Realisation
Marc Adrian
Verfügbare Formate
16 mm (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,33
Tonformat
Mono
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
s/w
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
s/w