Perlenmeere
Sanft aber tief ein- und ausgeatmete Bilder: Details eines nackten Menschen, Großaufnahmen von Tiefseewesen - Quallen, Algen, Nesseltiere, zu Beginn noch steinige Landschaft. Wie von dem Schlag auf eine Wasseroberfläche ausgelöste kleine, präzise Bildwellen versetzen Perlenmeere in Bewegung. In dieser erfahren wir durch unsere Körper eine Begegnung mit den Körpern im Film und dem Körper Film: Wie die Kamera Kontakt zu den Oberflächen aufnimmt, wie sie den Rhythmus schwimmender Wesen auf sich überträgt, wie die Montage sachte anhebt und verebbt, wie sich das Licht in der Linse bricht.
Im vierten von neun Teilen einer an Arthur Schnitzlers "Traumnovelle" angelehnten Serie von Werken konstruiert Katrina Daschner eine eigenartige Verschiebung des gewohnten Blicks: Zwar sieht man hier durchgehend sinnliche, haptische, zur Berührung einladende Wesen, kommt aber nie zur falschen Ruhe der eindeutigen geschlechtlichen Zuordnung. Ob Mann oder Frau spielt keine Rolle, kann nicht fixiert werden, ist fluide und flüchtig, wie die Oberflächen des Films selbst. Man sieht ästhetische, verführerisch sich bewegende, pulsierende, räkelnde Erscheinungen und Organismen, die berührt werden wollen und rutscht dennoch mit dem Blick an den Bildern ab. Hier macht das Auge die Welt nicht zum Zeichen, ist die Kamera eher ein Körper, der sich zu anderen Körpern verhält. "Thousand tentacles feeling their way through space rather than a single lens taking it in view" (Anne Rutherford).
(Alejandro Bachmann)
Anmutig durchs Wasser schwebende Quallen. Sanft wiegende Seeanemonen. Fragmentierende Großaufnahmen nackter Haut. Klaffende Risse in rauem Fels. Sinnliche Körperskulpturen, die durch Formähnlichkeit und Montage zu einem hybriden Filmkörper verschmelzen. Dieser erzeugt in seiner Plastizität eine beinahe haptische Qualität, bleibt in seiner Ganzheit jedoch flüchtig. Eine stumme, schaumgeborene Schönheit, dem Meer entsprungen, durch Licht und rhythmische Bewegung in ihrem Werden sichtbar gemacht.
Katrina Daschners Ästhetik fördert die Physis und die Bewegungen der abgebildeten Objekte zutage, lädt sie erotisch auf, ohne sie eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen: die Reproduktion von Körpern fern sozialer Zuschreibung, als künstlerische Neuschöpfung – im und durch Film. (Katalogtext Diagonale 2016, mk)
Perlenmeere
2016
Österreich
9 min