keep that dream burning
Rainer Kohlbergers achtminütiger Film keep that dream burning beginnt mit feinsten schwarzweißen Teilchen, die über die Bildfläche flirren. In gröbere Strukturen ausflockend verwandeln sie sich in ein Gewitter zackiger Artefakte und sich fortwährend verändernde Lichtpunkte. Mit Einsetzen des Flickereffekts geht der schwebende elektronische Sound in durchdringendes rhythmisches Wabern über und kommt gegen Ende - zum Bild eines subtil in die Tiefe wachsenden schwarzen Loches - zur Ruhe. Aus dem bewegten Teilchenmeer heraus materialisieren sich immer wieder konkrete Gegenstände und Ereignisse: Auseinanderfliegende Trümmerteile, Feuerbälle und Qualm rufen aus dem Action-Kino bekannte Explosionsbilder auf, kaum dass sie wieder im Rauschen verschwinden.
Das Rauschen in Kohlbergers Arbeit hat es in sich. Der Begriff des white noise beschreibt die gleichmäßige Überlagerung verschiedener Tonfrequenzen über weite Bereiche des hörbaren Spektrums. Das weiße Rauschen eines analogen Fernsehers, auch „Schnee“ genannt, tritt dann auf, wenn das Gerät kein Antennensignal empfängt: Ein Bild ständiger Bewegung ohne lesbare Information. In Don DeLillos Roman White Noise von 1984 dient dieser Zustand entleerter Kommunikaton als Metapher für übersteigerte Konsumkultur und menschgemachte Katastrophen sowie für die Suche nach unbestimmten Energien. Während DeLillo ein Szenario zeichnet, das reale Erfahrungen (gleich denen eines Kindes) jenseits von medialen Simulationen transzendiert, begibt sich Kohlberger in die verselbstständigte Maschine hinein, die er darauf ansetzt, die Transformation von Bildern gemäß seiner ästhetischen Vorgaben zu erlernen und anzuwenden.
keep that dream burning verweist einerseits auf den zunehmenden Gebrauch von Algorithmen in der Herstellung rauschender Bewegungen wie Feuer oder Wasser in den special effects des großen Kinos, andererseits fliegt hier die "alte" Welt auseinander: Die Genesis einer digitalen Ästhetik, deren Entstehungsprozesse sich immer weniger vom Menschen "verstehen" lassen, vollzieht sich vor unseren berauschten Augen. (Florian Wüst)
keep that dream burning
2017
Österreich, Deutschland
8 min