No Beach Just Sand
Die grafische "Maske", die über dem Szenario liegt, erinnert an ein Computerspiel. Sie ist schwarz und abstrahiert zunächst das Geschehen dahinter. Erst nach und nach erhascht man durch einen über das Bild wandernden Schlitz und einen aufblitzenden Spot einen Blick auf drei Performerinnen. Deren Erscheinung ist imposant: Sie tragen schwarze Vollvisierhelme, während ihre mit schwarzen Klebebändern modellierten Körper den Blick auf ihre "Nacktheit" freigeben.
Die solcherart demontierte traditionelle Bildhaftigkeit des Frauenkörpers hat Sabine Marte immer wieder vorangetrieben. Hier ist diese aber nicht mehr das thematische Zentrum, sondern selbstverständlicher Hintergrund: Davon zeugen unter anderem die leeren Bilderrahmen, die in No Beach Just Sand die Kulisse ihrer ebenso poetischen wie politisch aufgeladenen Videoperformance sind: "Utopie-Verlust, bedeutet nichts weniger, als dass der größte Teil der Zukunft bereits hinter uns liegt", heißt es an einer Stelle der Arbeit, in der die erschöpften Körper zu Anti-Akteurinnen einer experimentellen Bestandsaufnahme neoliberaler Zustände werden. Da wird geschnauft und geatmet, obwohl man eigentlich nur ermattet herumliegt, den Kopf in den Sand steckt, wartet oder gemeinsam vereinzelt an einem Küchentisch sitzt.
Einige Zitate, derer sich Sabine Marte auf der mit grandiosen Soundexperimenten aufwartenden Audioebene bedient, hat sie dem Buch gestern morgen der politischen Autorin Bini Adamczak entnommen; in die Ton-Collage fließen aber auch eigene Texte, einzelne Worte ein: Unter anderem gehört dazu das in der kapitalistischen Gegenwart gern strapazierte "Weitermachen", dem man hier aber auch ein an Melvilles Bartleby und Scarlett O’Hara geschultes "Morgen ist auch noch ein Tag" gegenüberstellt.
Auf der Bildebene erproben die Performerinnen derweil die Funktionstüchtigkeit ihrer Körper: Ist im Arm noch Kraft, lässt sich noch ein Bein vor das andere stellen, hat man noch Boden unter den Füßen, wenn man weiter in die Geschichte vordringt?
Dem ernüchterten Titel der Arbeit entsprechend gibt es keine Auflösung, die Bewegungen bleiben prekär, auch wenn gegen Ende ein gemeinsamer Tanz den dystopischen Grundton doch kurz durchbricht. (Christa Benzer)
No Beach Just Sand
2017
Österreich
14 min