Who's Afraid Of RGB

Who's Afraid Of RGB ist die Fortführung einer Bewegung, die mit THE und TOUTES DIRECTIONS (2014 und 2017, beide gemeinsam mit Dieter Kovacic) besonders deutlich erkennbar wurde und in der sich Billy Roisz ganz konkret mit dem Kino und seinen Formeln auseinandersetzt. Wie zuvor Horrorfilm und Roadmovie erfährt mit Who's Afraid Of RGB das Genre des Liebesfilms, Dramas, Melodrams eine Roisz´sche Komprimierung.

Für diese Genre-Spielart steht Who's Afraid Of Virginia Woolf? ein – ein Film expressiver, unverarbeiteter, impulsiv unkontrollierter Emotionalität. Seine emotional komplexeste Sequenz sieht man in den Spiegelungen der 9 Pupillen, die im Zentrum von Roisz´ Film symmetrisch übereinander und nebeneinander stehen. Diesen Schwarzweißfilm – genauer: seine im Auge gespiegelten Bilder - bringt Roisz mit den Farben Rot, Grün und Blau in einen Dialog (und ruft darin auch Barnett Newmans Who's Afraid of Red, Yellow and Blue auf), bis diese sie nicht nur zu überdecken, sondern ihnen Farbigkeit zu geben scheinen. Man kann das metaphorisch lesen: Das Auge, das reflektierte Bild, die sich ausbreitenden Farben - im Auge des Betrachters wird der Schwarzweißfilm zu einem expressiven, nur in Farben denkbaren Gefühlsgewitter. Filmerfahrung ist auch eine Emotion, Mischverhältnis der Grundfarben eines inneren Farbraums in Bewegung.

Roisz übersetzt diese vom Film evozierte Emotionalität aber nicht nur in ein Bild, das ganze Werk erzählt im Bild wie im Ton (der aus einer zerstückelten, unmittelbar evozierenden Komposition in Kollaboration mit Susanne Gartmayer besteht und zudem die zu den Pupillen gehörenden Herztöne beinhaltet) von den emotionalen Wendungen, denen man im Verlauf eines Films dieses Genres ausgesetzt ist: die auf das Einatmen eines Wolfs folgende Schwärze, begleitet von einem tief brummenden Drone als noch ruhige, aber schon gespannte Exposition. Die stakkatohaften Ausbrüche der Klarinette im Mittelteil. Die kontrastreiche Farbigkeit des zweiten Teils, die sich in ein nur scheinbar beruhigtes Rauschen des Mediums und damit der BetrachterIn auflöst. (Alejandro Bachmann)

Who's Afraid of RGB spielt mit Verweisen auf Farbfeldkunst, Abstrakten Expressionismus, Minimalismus und Konzeptkunst (im Konkreten auf Barnett Newmans Bilderzyklus Who´s Afraid of Red, Yellow and Blue), aber auch auf Genres der Populärkultur wie das Kino im allgemeinen und Horrorfilm im speziellen Sinne und ganz konkret auf Disneys Cartoon Three Little Pigs und die Verfilmung der schwarzen Komödie Who's afraid of Virginia Woolf – Selbst-Referenzialität des Kunstwerks/Mediums, somit auch auf die Selbst-Referenzialität im Betrachtenden selbst, Referenzen auf andere Kunstwerke, Genres und auf wissenschaftliche Felder wie hier auf den Bereich der Psychophysiologie. Letztere befasst sich mit den Beziehungen zwischen psychischen Vorgängen und den zugrunde-liegenden körperlichen Funktionen. Sie beschreibt, wie Emotionen, Bewusstseinsänderungen und Verhaltensweisen mit Hirntätigkeit, Kreislauf, Atmung, Motorik und Hormonausschüttung zusammenhängen. Wie in vielen meiner anderen Videoarbeiten geht es auch in Who's Afraid Of RGB um das Körperhafte des elektronischen Bildes bzw. Tons und dessen Analogie zu physiologischen Vorgängen im Betrachtenden bzw. Hörenden, sei es auf motorischer, viszeraler oder sensueller Ebene. (B.R.)

Orig. Titel
Who's Afraid Of RGB
Jahr
2019
Land
Österreich
Länge
8 min
Regie
Billy Roisz
Kategorie
Experimental
Orig. Sprache
Kein Dialog
Credits
Regie
Billy Roisz
Konzept & Realisation
Billy Roisz
Kamera
Dieter Kovačič
Musik
Billy Roisz, Susanna Gartmayer
Montage
Billy Roisz
Sound Design
Billy Roisz
Tonaufnahmen
Dieter Kovačič
Mit Unterstützung von
Wien Kultur MA 7, BKA - innovative film
Verfügbare Formate
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Tonformat
5.1 surround
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Digital File (prores, h264)
Festivals (Auswahl)
2019
Jihlava - International Documentary Festival
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Hamburg - Internationales Kurzfilmfestival
2020
Stuttgart - Filmwinter, Expanded Media Festival
Ann Arbor - Film Festival (Leon Speakers Award for Best Sound Design)
Wien - Tricky Women / Animationsfilmfestival
2021
Marseille - RISC Rencontres Int. Sciences et Film