Rudern
Wie startet man eine Revolution und wo kauft man eigentlich eine Tür? Leon und Annika wissen zwar nicht, für welchen Lieferservice sie sich entscheiden sollen, umso klarer haben sie dafür die Ungerechtigkeiten dieser Welt vor Augen. Tableauartige Dialoge zwischen Küche und Schlafzimmer, Pasta und Politik.
Annika arbeitet an ihrem systemkritischen Podcast, während Leon sich die Nägel lackiert. Sie möchte die Welt verändern, er ist genervt von den Tagesnachrichten. Annika meint es ernst. Ihre Gedanken an eine politische Umwälzung sind ebenso omnipräsent wie seine Lust auf eine Veränderung seines Haarschnitts. Das Wort und die Tat. Narzisstische Generation Why? Oder Generation Fridays for Future? Die Kamera observiert die beiden „Studis“ wie eine ruhige, (halb-)nahe Beobachterin. Tageszeiten gehen ineinander über. Auf Revolutionstutorial folgen Videobotschaft, Telefonat und Facebookevent.
Regisseurin Sophia Hochedlinger erzählt in kondensierter, modellartiger Form von Potenzialen und Selbstbeschränkungen einer Generation, die mit einer unerschöpflichen Quelle an Informationen und Möglichkeiten konfrontiert ist. In den eigenen vier Wänden, in denen die Außenwelt ständig online präsent ist, droht sie sich mit ihren eigenen Befindlichkeiten im Kreis zu drehen. Die Länge der Einstellungen beweist eine ebenso große Unaufgeregtheit wie der vordergründig triviale Tagesablauf – ähnlich entschleunigt wie im „Austrian-Thailand-Vacation-Mallorca Komplex“ (Leon). Zwischen Spiegeln, Büchern, Nagellack und Printmustern weicht Rudern geschlechtsgeprägte, binäre Rollenbilder auf. Die Präsenz von New Model Army, Fatoni, Wes Anderson und Matthias Strolz lässt Neoliberalismus mit Revolution, Pop und Punk verschmelzen. Also, wer hat Bock auf Revolution? (Bianca Jasmina Rauch)
Rudern
2020
Österreich
36 min