Erde essen
„Nicht ausgeschlossen ist, dass die Erde einen gewissen Wohlgeschmack hervorrufen könne.“ (Meyers Konversations-Lexikon, Leipzig 1906)
Die Filmemacherin Laura Weissenberger entwirft mit Erde essen einen kollektiven Kosmos von Szenen einer lateinamerikanischen Familienkonstellation, in Kolumbien. Als unsichtbare Beobachterin inszeniert sie Situationen für vielfältigste Erzählungen, vom Gelingen und vom Scheitern. Ein älterer Mann versucht mit verschiedenen Schlüsseln eine Tür aufzusperren. Innen dann, im Licht einer Taschenlampe tönen die Geräusche eines vergangenen und verlassenen Lebens. Ein Mädchen im Erstkommunionskleid durchstreift barfuß die Räume. „Das ist, das Haus, an das ich mich erinnere... Ich bin noch oft hier und gehe durch die Räume unserer Vergangenheit. Meine Mutter hatte hier gelebt, mit dem Wunsch einmal wegzugehen. Mit dem Traum von einem besseren Leben.“
Die Erdesserin. Eine taktil erfahrbare Geschichte, umringt von Einrichtungen, Ausstattungen, Farben, Stoffen, von Protagonist_innen, die auftreten und abtreten. Die Kinderfüße schreiten in dem langen weißen Kleid, der Tüll zieht eine flüchtige Spur über den Boden. Flüstern, Musikfetzen. Sphären von Häuslichkeit und Körperpflege und immer wieder das Kommunionskleid, blau angestrahlt wie die Jungfrau Maria. Eine Frau paddelt in einem runden zementierten Wasserbecken. Sie beschreibt ihre versuchte Einreise über den Frankfurter Flughafen, den Generalverdacht gegen sie und ihre kolumbianischen Mitreisenden. Eine andere schläft auf dem großen satinglänzenden Bett, zwischen pastell-lila Rüschenkissen – eine große Santa Biblia wacht. Quietschbunte Flipflops auf weißglänzend poliertem Boden, Leopardenmusterkleid, eine leuchtend türkise Hauswand, hängende Blumen und Sukkulenten. Ein Nachtspaziergang zu einer Kuh. Der Geschmack der Erde ist immer neu. (Madeleine Bernstorff)
Erde essen
2021
Österreich
25 min