The Goose and the Common
Die Sonne, einem Spiegeleidotter entsprungen, zieht übers Land aus sattem Blau, Grün und Orange, in dessen Mittelpunkt die Gans unter einem Baum zufrieden ihre Eier brütet, doch dann geschieht ein Unglück. Eine Art Vorbeben erfasst das Land, der Raum beginnt, sich zu drehen und kurz darauf rollt unaufhaltsam eine Asphaltwelle heran und planiert die Brut. Tief sitzt der Schock der Gans und als sie sich wieder fängt, beginnt ihr Lauf zu den staatlichen Instanzen. Sie kämpft sich bis vors Gericht und findet sich geworfen in eine Welt, die an die endlosen Räume des M.C. Escher erinnert, die die Hoffnungslosigkeit spüren lässt, wie sie sich bei der Lektüre von Kafkas Das Schloss ausbreitet und den Orientierungsverlust aufruft, der sich beim Studieren von Leonora Carringtons Wahnsinnsbericht Unten Bahn bricht. Indem Regisseurin Shadab Shayegan für die Vertonung eines englischen Protestliedes aus dem 18. Jahrhundert durch die Indierock-Band Heaven Sent Cat das Mittel des Zeichentricks wählt, vermittelt sie dieses zentrale Gefühl des Schwindels durch die Aufhebung physikalischer Gesetze nachdrücklich. Es zeichnet sich ab, dass mit dem Staat nicht zu rechnen sein wird.
„The law locks up the man or woman
Who steals the goose from off the common
But leaves the greater villain loose
Who steals the common from off the goose“,
heißt es im Songtext. Doch haben die, die das Gesetz zugunsten der Großen auslegen, nicht mit dem solidarischen Kampfgeist der Gänse gerechnet. Per Stille Post formieren sie sich und gehen gemeinsam gegen das Unrecht vor. Und so ist The Goose and the Common Musikvideo und Handlungsanweisung zugleich. (Melanie Letschnig)
The Goose and the Common
2020
Österreich
4 min