HEAT
Hitze sicht- und hörbar machen. Oder umgekehrt: den Puls und die Harmonik bestimmter Instrumente in Wärmebilder übersetzen und den synästhetischen Mehrwert dieses Transfers in immer neue Bild-/Tonfindungen einspeisen.
Diesen Ansatz verfolgen Florian Kindlinger und Peter Kutin in ihrer bildmusikalischen Suite HEAT mit Bravour. Vier Saiteninstrumente (ein Kontrabass, zwei Cellos und eine Drehleier) sowie Klavier und diverse Perkussionsinstrumente bilden das Ausgangsinventar für die feinteilige Komposition, die sich klang- wie bildmäßig entlang ungewöhnlicher Synergiemomente vorwärtsbewegt. So sind es anfangs drei mächtige Kontrabass-Saiten, deren majestätisch anhebende Schwingung in gleißend weißen Vibrationsspuren anschaulich werden. Ein kurzes Intermezzo, von weißem Rauschen und Windgeräuschen durchweht, führt hinaus an einen Waldrand, der in Wärmebilder übersetzt eine Schneelandschaft zeigt. Zurück aus der verklärten Natur entfachen die stählernen Saiten des Klaviers ein blitzendes Akkordspiel, wobei radial ausströmende Lichtzuckungen der beim Spielen generierten Hitze ein sublimes Ventil geben.
Glockenspiel-artige Töne leiten über zur Verschränkung der Cello-Partien mit konzise gesetzten Rhythmusakzenten – ein erster Höhepunkt, im Zuge dessen glühend weiße Lichtstreifen eine langsam sich herausschälende subtile Melodik unterstreichen. Das Schlagwerk kommt daraufhin nicht einfach zur Ruhe, sondern gelbrot brennende Schläge färben, ja versengen geradezu die rundum wieder schwarz gewordene Leinwand. Schließlich das finale Tableau, in dem die Saiten einer Drehleier und sonstigen Tonspuren quer durcheinanderdröhnen, bevor sich alles langsam in einem immer heller werdenden Entropiebild aufzulösen beginnt.
„Aww white heat it tickle me down to my toes“, hat Lou Reed einst in dem berühmten Song gesungen, und Kindlinger/Kutin haben eine kongeniale Bildsprache dafür gefunden. (Christian Höller)
HEAT
2020
Österreich
16 min