The Life of Sean DeLear
Sean DeLear (1964-2017) war eine prächtig schillernde, überschwänglich transgressive Erscheinung, die den Musik- und Kunst-Underground von Los Angeles in den späten 1990ern und frühen 2000er Jahren bezauberte. Aber mit der 2022 erfolgten, posthumen Veröffentlichung seiner ebenso intimen wie expliziten Teenager Tagebücher aus dem Jahr 1979 entpuppte er sich auch als wirklich bahnbrechende kulturelle Figur: I Could Not Believe It ist die fröhliche Chronologie der Erfahrungen eines jungen Schwarzen, queer und kreativ, der seine Identität, seine Stimme und seinen Stil findet – Jahrzehnte vor Barry Jenkins‘ (um einiges gedämpfterem) Film Moonlight.
The Life of Sean DeLear ist ein vibrierend vielfältiges, schwungvolles, dokumentarisches Porträt dieses unwiderstehlich charismatischen Unikums – von Autor und Regisseur Markus Zizenbacher in ebenso feierndem wie lobenswert klarem Stil entworfen. Und man könnte sich kaum einen Besseren vorstellen, um dieser besonderen Geschichte gerecht zu werden: Zizenbacher war mit DeLear – geboren als Anthony Robertson in Simi Valley, einer Kleinstadt nördlich von LA – befreundet, seit sich letzterer in den frühen 2010er Jahren in Wien niedergelassen hatte.
Hier erfand sich der vormalige Frontmann der Postpunk Kombo Glue aus Silver Lake noch einmal neu, als Bühnenperformer und Kollaborateur des berühmten Kunstkollektivs Gelitin, bevor er mit nur 52 Jahren verstarb. Sein audiovisuelles Archiv, eine wahre Fundgrube, vertraute „SeanDe“ Zizenbacher an. Der wiederum fertigte daraus mit seinem Co-Editor Sebastian Schreiner eine eklektische Collage, großzügig gespickt mit übersprudelnden Auszügen aus DeLears eigenen, ausufernden Video-Tagebüchern.
In diesen aus der Hand gefilmten Schnappschüssen werden die elektrisierenden Tage (beziehungsweise Nächte) von vor einem Vierteljahrhundert wieder lebendig – viel Komik inklusive. Und sie werden zugleich von Überlebenden, die Sean DeLear am besten kannten und am meisten liebten, rückblickend eingeordnet. Sean DeLear – was wie „chandelier“, also "Kronleuchter" klingt – hat zuerst ihre Welt erleuchtet; Markus Zizenbacher erhellt nun Sean DeLear für unsere. (Neil Young)
ADA Award Ethnocineca 2025: The Life of Sean DeLear (Preis (Auszeichnung))
ADA Jury Statement
The Life of Sean DeLear by Markus Zizenbacher
The selected film portrays an unapologetic love letter to life in its strength and fragility, its presence and losses. It is a crafted portrait, not only a tribute to the iconic protagonist, but a vivid cinematic expression of friendship and the underground music scene of the '80s and the ‘90s. A film like its protagonist: authentic and fiercely alive. It is a time-traveling work of art, seamlessly weaving raw and intimate archival footage shot by the protagonist himself with contemporary footage and his own diaries. It bridges past and present and shows the beautiful brutality. At its heart is Sean DeLear, a radiant, magnetic presence
whose role in the band Glue, and in wider cultural spaces and beyond, served as a crossroads for identity, performance, and insistence through existence.
This film stands out for its bold artistic vision, emotional depth, and cultural urgency. The award of ADA Jury ethnocineca 2025 goes to The Life of Sean DeLear by Markus Zizenbacher, capturing not only a singular life, but an entire era and the echoes it continues to send through our world today.
Deutsch
Der ausgewählte Film ist ein unverblümter Liebesbrief an das Leben in seiner Stärke und Zerbrechlichkeit, in seiner Gegenwart und seinen Verlusten. Es ist ein kunstvolles Porträt, nicht nur eine Hommage an eine Ikone, sondern auch ein lebendiger filmischer Ausdruck von Freundschaft und der Underground-Musikszene der 80er und 90er Jahre. Ein Film wie seine Hauptfigur: authentisch und lebendig. Ein zeitreisendes Kunstwerk, das rohes und intimes Archivmaterial, die Sean DeLear selbst gedreht hat, nahtlos mit zeitgenössischen Aufnahmen und seinen eigenen Tagebüchern verwebt. Der Film schlägt eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart und zeigt die Schönheit in der Brutalität. Im Mittelpunkt steht Sean DeLear, eine strahlende, magnetische Präsenz, deren Rolle in der Band Glue und in weiteren kulturellen Räumen und darüber hinaus als Kreuzungspunkt für Identität, Performance und Beharrlichkeit im Leben diente.
Der Film zeichnet sich durch seine kühne künstlerische Vision, seine emotionale Tiefe und seine kulturelle Dringlichkeit aus.
Der Preis der ADA-Jury ethnocineca 2025 geht an The Life of Sean DeLear von Markus Zizenbacher, der nicht nur ein einzelnes Leben, sondern eine ganze Epoche und das Echo, das sie bis heute in unserer Welt hinterlässt, einfängt.
Jury: Pêdra Costa (performer, visual & urban anthropologist)
Sara Fattahi (filmmaker)
İpek Hamzaoğlu (artist & filmmaker)
The Life of Sean DeLear
2024
Österreich
82 min
Dokumentarfilm
Englisch, Deutsch
Englisch