Conveyor

Tiefe Furchen im ersten Morgengrauen. Oder ist es doch die abendliche Dämmerung, in der sich die vom Tagebau hinterlassenen Mondlandschaften präsentieren? Am Horizont werfen zwei Kraftwerkstürme Abgaswolken in die Luft und die noch aktiven, stählernen Förderriesen blinken persistent. In den somnambul-entrückten Bildern der dünenartigen Erdgebilde fängt Eginhartz Kanter die ambivalente Schönheit und Melancholie der Szenerie ein. Denn die sichtbaren Auswirkungen der industriellen Landnahme des Kohlezeitalters zeugen von einer dystopischen, menschengeschaffenen Leere.  

Doch in den Überresten des offensichtlichen Raubbaus an der Natur tut sich etwas. Die Ödnis wird von einem gleißenden Flimmern durchbrochen. Ein weißes Objekt tastet sich in den behutsam gewählten Einstellungen langsam an die Kamera heran. Vielleicht ein Spiegel oder womöglich doch eine Leinwand? Das Format der Fläche von 4:3 gleicht jedenfalls jenem des gewählten 16mm-Filmmaterials. Eine leere Projektionsfläche in Mitten der Kargheit wird so zu einem utopischen Versprechen. Doch auch ein Begriff aus der Fotografie drängt sich auf. Das glühende Weiß der Oberfläche ‚brennt‘ sich in verschiedenen ‚Weiten‘ in den analogen Film ein.  

Mit technischem Gespür und konzeptueller Konsequenz überschreitet Conveyor so die Grenzen zwischen strukturellem Film, fotografischem Experiment, Landschaftsbeobachtung und ökologischer Gegenwartsdiagnostik. Die allmählich anschwellenden elektronischen Klänge der aus Field Recordings generierten Soundkomposition verstärken dieses konzentrierte Kontingenzvermögen einer zutiefst filmischen Naturbetrachtung. Die Förderbänder stehen nicht still. Damit gleichen sie der Bewegung des Films in der Kamera, der im Fall von Conveyor die Imagination möglicher anderer Landschaften befördert.                                                                                                                       (Jan-Hendrik Müller)

Orig. Titel
Conveyor
Jahr
2025
Land
Österreich
Länge
8 min
Kategorie
Experimental
Orig. Sprache
Kein Dialog
Credits
Regie
Eginhartz Kanter
Konzept & Realisation
Eginhartz Kanter
Verfügbare Formate
DCP (Distributionskopie)
Bildformat
4:3
Farbformat
Farbe
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)