Hutagang

WAS man tut, ist nicht so bedeutsam. Wichtig ist, WIE man es tut. Wenn am Ende von Hutagang eine Mülldeponie zum Zen-Garten gemacht wird, dann geschieht dies mit ebensoviel lakonischer Konzentration, mit der vorher im polnischen Novahuta eine Nachbarschaft von Stahlhütten und Bauernhöfen beobachtet wurde. In drei Teile ist daneben, in fortwährender Vorwärtsbewegung ganz nebenher, der Film von Thomas Baumann und Martin Kaltner strukturiert. Einer nächtlichen Bahnfahrt des namenlosen Protagonisten sind zuerst abendliche Gespräche junger Frauen und Männer auf der Bildebene zwar gegengeschnitten, im Ton aber nicht mehr vermittelt - als wären dies Erinnerungen an vergangene Zeiten. Berückend porös gefilmten Gesichtern und Details entnehmen eingeätzte, vom Schriftsteller ... verfaßte Jargon- und Satzfetzen (Unter- als Übertitel) eine scheinbar etwas sinnentleerte Kommunikation. Der Bahnfahrer selbst steht in einer Gegenwart aus Jungle-Beats, die sich erst im Mittelstück des Films beruhigen zu Natur- und Fabriksbetrachtungen bei einer Fahrt über Land, bis schließlich in den letzten Minuten Beruhigung einkehrt, angesichts einer Übermenge von Abfallprodukten. Mit einem Ast kratzt der Einzelgänger Zeichen in den Boden, die demnächst wohl wieder verwehte Erde sind. Aber - längst haben sich auch erste Sätze gebildet - Unterirdisches kommt an die Oberfläche, wird fruchtbar.

Gehfilme hießen sechs Mikro-Arbeiten, mit denen Thomas Baumann und Martin Kaltner zuletzt Vorstädte und andere Landschaften durchschritten, ziellos, aber energisch und mit einem frischen Blick. Der "Gang" im Titel ihrer neuesten Koproduktion erinnert noch ein wenig an die vergangenen Märsche, aber hier schwingt auch bereits die Ankündigung einer "Bande", einer heftigeren Verschwörung mit Hutagang könnte man als Initiation lesen, als jähes Erkennen einer Ordnung in einem chaotischen Terrain, auf dem es sich lohnt, innezuhalten, auch wenn es übersät ist mit Abfall. Ob hier in nächster Zeit Aufräumungsarbeiten beginnen, oder ob der Müll selbst zu blühen beginnen wird, ist noch offen. Prätention steht hier einem zukünftigen Gedeihen zumindest einmal nicht im Weg. Vorerst wird Film gemacht, Bild, Ton, Montage, und das mit einiger Könnerschaft. Wie gesagt: WAS man tut, ist nicht so bedeutsam. Wichtig ist, WIE man es tut. (Claus Philipp)

Orig. Titel
Hutagang
Jahr
1996
Land
Österreich
Länge
17 min
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
keine Angaben
Downloads
Hutagang (Bild)
Hutagang (Bild)
Credits
Regie
Thomas Baumann, Martin Kaltner
Drehbuch
Martin Kaltner, Thomas Baumann
Kamera
Thomas Baumann
Musik
Tschabitzer/Scheffenbichler, DJ Science, Kristin Hartlieb
Schnitt
Thomas Baumann, Martin Kaltner
Textautor*in
Erich Braunsteiner
Produktion
Martin Kaltner
Darsteller*in
Jan Trzupek, Piotr Lutinski, Jolanta Bontschak, Czes Czech, Michal Skiba
Verfügbare Formate
16 mm (Originalformat)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Mono
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
s/w
16 mm (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Mono
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
s/w
Festivals (Auswahl)
1997
Madrid - Semana de Cine Experimental
1998
Stuttgart - Filmwinter, Expanded Media Festival