Eine Reise
"Schon während der Fahrt der letzten Tage hatte ich mir wieder und wieder die Frage gestellt, was kann ein Mensch getan haben, verraten haben, ein Mensch wie du, damit man ihn zum Tode verurteilt." Eine Liebesgeschichte zwischen zwei Terroristinnen, die verhindert, daß Anna Vera exekutiert. Der Verrat, der die Hinrichtung rechtfertigen sollte, stellt sich als doppeltes Spiel heraus. "Niemand, schon gar kein selbsternanntes Kommando, hatte das Recht, dich zu liquidieren."
Der Film ist ein Roadmovie, menschenleer und fremd, bis auf einen Olivenpflücker. Der Text ist ein innerer Monolog von Vera, in dem sie die Bilder dieser vor zehn Jahren gemachten Reise zurückholt. Bild und Ton verlaufen wie die Pisten eines Parallelslaloms. Zwei Musikstücke, eine armenische und eine ungarische Instrumentalmusik, dienen in ihrer altmodischen Schönheit der emotionalen Standortbestimmung. Das Super-8-Material ist auf 16mm aufgeblasen, und durch die Verwendung von überlagertem Material wurde der rotstichige und körnige Effekt des Ausgangsmaterials verstärkt. "Ich wußte, daß meine Entscheidung richtig war und daß ich nie mehr diese Kälte zulassen würde, die mich fast zum Todesengel gemacht hat."
(Gerda Edelweiss Grossmann)
Für einen hellen, zwölfminütigen Augenblick war die Kinowelt so, wie man sie sich immer gewünscht hat: Ein Text, Erinnerung, Tagebuch und Liebesbrief in einem, aus dem Off gelesen von einer Frauenstimme, begleitet von leuchtenden, menschenleeren Momentaufnahmen einer Spanien-Reise, durchbrochen von ungarischer Tanzmusik. Die Schrift, der Film, die Töne getrennt und ineinander gesenkt. Rückgewinnung von Kinematographie und kluger Phantasie.
(Robert Weixlbaumer in: DIE PRESSE vom 15.6.1993)
Eine Reise
1992
Österreich, Deutschland
12 min